Sagen

46° 32'17.74'' N 9° 51'59.79'' E
Sagen
Das verschüttete Dorf im Rosegtal
Dem Dorfe Pontresina gegenüber öffnet sich das Rosegtal, das grösstenteils zum Gemeindegebiet von Samedan gehört. In uralter Zeit soll bei der zweiten Alp im Rosegtal, der Alp seguonda, auf einer jetzt mit Wald bewachsenen Ebene ein Dorf gestanden haben. Nach der Sage ist dieses Dorf von einem Bergsturz oder durch den Durchbruch eines am Gletscherfuss entstandenen Sees weggeschwemmt worden. Der Priester von Pontresina, so meldet die Sage, hat später an der Stelle, wo das Dorf stand, jeweils die Frühmesse für die Seelen der Verschütteten gelesen. Und weil er zu diesem Zwecke schon vor Tagesanbruch über den Wiesen-Tau (Romanisch Puter:rosedi) ins Tal wandern musste, ist die Bezeichnung «Messa da rosedi» entstanden. Dies hat dem Tale und dem Gletscher den Namen Roseg gegeben.

Die Morteratsch Jungfer
Der junge Senn Aratsch liebte Annetta, die Tochter des reichsten Bauern in Pontresina. Ihr Vater hatte sie aber dem Burgherrn versprochen. Aratsch ging in die Fremde und wurde Soldat. Als Offizier kehrte er zurück. Er fand seine Geliebte auf dem Totenbett, von Blumen umgeben. Lange betrachtete er das bleiche Gesicht, dann schwang er sich auf sein Pferd. Er sprengte nach der Alp, wo er einst das Vieh gehütet hatte und weiter zum Gletscher. Dort spornte er sein Tier an zum Sprung in eine Gletscherspalte. Niemand hat seither Aratsch je wieder gesehen. Auf der Alp Morteratsch hauste damals der alte Gian. Er hörte in seiner Hütte nachts ein seltsames Geräusch, als ob jemand mit Milch von einer Gebse (flaches Holzgefäss) zur anderen ginge. Eine weibliche Stimme wimmerte: «Mort Aratsch, mort Aratsch!» Das war Annettas Geist, der nach ihrem Tode noch an ihren Geliebten gefesselt blieb. Gian liess den Geist gewähren und als er das Senntum aufgab, empfahl er seinem Nachfolger, ein Gleiches zu tun. Denn seit der Geist da weilte, sei der Alpboden fruchbarer geworden, die Kühe gäben viel mehr Milch, der Rahm sei fetter als zuvor. Auch verunglückte selten mehr ein Vieh. Der junge Senn wollte den Geist nicht. Und als er wieder kam und klagte: "Mort Aratsch, mort Aratsch!" rief er einen furchtbaren Fluch aus und wies die arme Seele aus der Hütte. Die «Mort Aratsch – Jungfer» zeigte sich von da an nicht mehr. Von dieser Stunde an rückte der Gletscher aus seiner Schlucht vor und überzog in kurzer Zeit die Alp, die Hütte und das ganze Tal. Nur die Boval – Hütte, hoch oben am Gletscher und die Isla – Persa, mitten in Eis und Schnee, erinnern noch an die alte Alp. In stillen Nächten aber vernimmt man tief unten die Klage um Aratsch.
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